Bionic Commando (Testsystem: PC)
Im Mai letzten Jahres erschien Capcoms Bionic Commando - ein erweitertes Remake des 1988 erscheinenen gleichnamigen NES-Originals. Und erweitert bedeutet hier auch wirklich erweitert: anstatt nur die Grafik neu zu polieren, hat Entwickler GRIN das gesamte 2D-Spielerlebnis in die dritte Dimension portiert! Ein kluger Schachzug? Auf jeden Fall, wie ihr anhand meiner Review feststellen könnt.
Gameplay
Bionic Commando ist eine Mischung aus physikalisch korrektem Schwingen im freien Raum und klassischer Third-Person-Shooter-Action am Boden. Dabei steht natürlich das Schwingen mit dem bionischen Arm besonders im Fokus und erfreulicherweise ist das exzellent umgesetzt worden - ihr könnt euch so mit dem Greifhaken praktisch überall festhalten und anschließend frei herumschwingen. Und das sieht genauso cool aus wie es sich anfühlt! Hat man irgendwann nach ein bisschen Übung auch endlich alles im Griff, gerät man in einen Schwingfluss, der so schnell gar nicht mehr abreißen will - es fasziniert, sich durch die Gegend zu schwingen, zumal alles physikalisch korrekt inszeniert wird. Ihr könnt euch quasi überall festhalten, es gibt nahezu keine Begrenzungen für den Greifhaken. Dagegen sind die Areale der Spielwelt eher knapp gehalten und werden durch Giftgase begrenzt; das ist etwas schade, da sich eine Open World in Bionic Commando super angeboten hätte. So ist das Spiel unterm Strich sehr linear und bietet keinerlei Erkundungsreize - im Grunde bleibt der Spielverlauf auf weite Strecken so oder so ziemlich gleich. Erfreulich ist aber, dass dem Spieler dabei keineswegs langweilig wird, da die unterschiedlichen Schauplätze grafisch sehr abwechslungsreich in Szene gesetzt werden.
Abseits von dem super umgesetzten und herausragenden Schwingen mit seiner tollen Physik steht klassische Balleraction am Boden auf dem Tagesplan. Mit dicken Wummen, Scharfschützengewehren, MGs und kleineren, handlichen Waffen dürft ihr eure Feinde aufs Korn nehmen. Dabei ist diese Third-Person-Action jedoch bei weitem nicht so spaßig und faszinierend wie das Schwingen, weswegen man irgendwann durch das Ballern etwas gelangweilt wird. Man kann jedoch auch den bionischen Arm einsetzen, um Feinde zu packen und wegzuwerfen oder auch Gegenstände wie Autos auf sie zu schleudern. Im Grunde ist die Balleraction somit eher durchschnittlich und gewöhnlich, auf ein Deckungssystem muss man leider verzichten. Ein besonderes spielerisches Highlight von Bionic Commando sind auch die riesigen und kniffligen Bossgegner, die euch nicht nur einiges an Können abverlangen, sondern auch optisch sehr ansprechend gestaltet sind - der gigantische Stahlwurm zum Beispiel wird euch noch länger in Erinnerung bleiben.
Präsentation
Die Story in Bionic Commando ist, zusammen mit der recht schwachen KI, der größte Kritikpunkt. Sie wird unzureichend erzählt und ist auch nicht sonderlich spannend. Es gibt nur wenige Zwischensequenzen und eigentlich interessiert einen die Geschichte auch nicht wirklich - das ist etwas ernüchternd, aber letztlich kann das tolle Gameplay auch diesen Kritikpunkt etwas verblassen lassen. Wie Rastakopf Nathan Spencer in die Todeszelle gelangte, wer den Terroranschlag auf Ascension City verübte - das sind Fragen, die unzureichend und langweilig beantwortet werden. Auch das Finale kann da leider nur noch wenig rausreißen.
In Bionic Commando schwingt und ballert ihr euch durch sehr abwechslungsreiche Gebiete und Schauplätze, die sich besonders optisch deutlich voneinander unterscheiden. Besonders die Gärten von Ascension City sind ein ganz großes optisches wie spielerisches Highlight, in die man auch gerne zurückkehrt - ich habe gerade dieses Level immer und immer wieder gespielt. Aber auch die Häfen oder der Dschungel vor der Stadt sind nicht nur für große spielerische Freude, sondern auch für grafische Glanzpunkte gut: Staunen muss man doch an einigen Stellen, wenn einen die himmlische Aussicht fasziniert. Natürlich nicht so schön wie in Uncharted 2, aber immer noch sehr, sehr ansehnlich - also im Grunde vollkommen zufriedenstellend und ohne jegliche Slowdowns. Der Sound ist eine Klasse für sich und der Soundtrack ist einfach hervorragend und ein garantierter Ohrwurm - ganz große Klasse!
Der Multiplayer dagegen ist recht knapp gehalten und nicht sonderlich umfangreich. Das Schwingen verleiht dem aber immerhin frische Impulse, ansonsten gibt es rein gar nichts Innovatives zu bemerken - im Kern werden nur die überall bekannten Modi wie Deathmatch wiedergekäut. Für ein paar Runden zwischendurch ist die Online-Action aber allemal gut. Für die Kampagne benötigt ihr zwischen 8 und 12 Stunden, also eine faire Spielzeit. Am Ende könnt ihr noch einen härteren Schwierigkeitsgrad versuchen oder sämtliche Symbole sammeln - was aber erschreckend schwer und demotivierend ist.
Mein Fazit
Bionic Commando in 3D ist ein echter Kracher für alle, die sich für die freie Schwungphysik begeistern können: das Schwingen ist unglaublich präzise, macht einen Heidenspaß und versetzt euch in einen Spielfluss, der nicht mehr abreißen will. Dagegen werden Ballerfreunde weniger auf ihre Kosten kommen, denn die Third-Person-Shooter-Action ist bestenfalls durchschnittlich und kommt ganz ohne Deckungssystem aus. Optisch wie allgemein technisch ist Bionic Commando super gelungen und der Soundtrack ist eine Klasse für sich. Alles in allem gilt hier: mit Schwung ins Abenteuer - auf eine unheimlich erfrischende und neuartige Art und Weise!
Besonders gut gelungen:
+ sehr hübsche Grafik, tolle Aussicht
+ optisch sehr abwechslungs- und einfallsreiche Schauplätze
+ hervorragende freie Schwungphysik sorgt für Faszination
+ solide Third-Person-Shooter-Action, aber ohne frische Impulse
+ großartige, wenn auch zu wenige Bosskämpfe
+ fordernder Schwierigkeitsgrad
+ solider Multiplayermodus, angemessener Umfang
+ grandioser Soundtrack und einfache Steuerung
Nicht so gut:
- Third-Person-Action ohne Deckungssystem und undynamisch
- etwas abwechslungsarmes Missionsdesign
- sehr schwache Story-Erzählung
- gelegentlich herbe KI-Probleme
- Multiplayermodus ohne frische Impulse und sehr knapp gehalten
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So, jetzt habe ich vorgelegt und hoffe auf Feedback und weitere Tests