Ich hatte mit ME1 zum ersten Mal Kontakt mit einem Rollenspiel und habe es an die siebzig Mal gezockt.
ME2 hat mich ebenfalls sofort süchtig gemacht und es sind jetzt schon zwanzig Durchgänge.
Wenn es allerdings um eine Story geht, lese ich immer noch lieber ein Buch, denn dieses simple Schwarz-Weiss-System wird von mir weder verstanden noch gewollt, ich zocke beide Teile als SciFi-Shooter, angereichert mit Biotik und Tech. Im ersten Teil kannte ich zwar jede Antwort, die zum höchsten XP-Resultat führt, betrachtete das aber als eine Art dekorativere Dechffrierung.
Ich eckt ja schon beim ersten Teil in Foren an, weil ich die Story und die Dialoge für hanebüchen hielt und nicht als gute SF betrachtete. Beim zweiten Teil habe ich die Diskussion darüber aufgegeben, denn es würde viel Arbeit kosten, alle Hirnrissigkeiten aufzulisten, die pro Minute auf mich losgelassen werden, begonnen mit dem sogenannten Tod Shepards.
Gerade hier fängt es schon an: mit dem Ziel, einen möglichst hohen Bombast und Popcorn-Faktor zu erhalten, wird da auf sämtliche physikalische Gesetzmässigkeiten und die Logik gepfiffen. Das alles sieht hervorragend inszeniert aus, kann aber von mir nur genossen werden, wenn ich einige Regionen meines Hirns auf Schwachstrom stelle.
Auch die Loyalität ist so eine Sache: mir werden dadurch einige nette Gefechte und Schauplätze geboten, aber dadurch bekommt das Spiel den Realitätsanspruch eines Monopoly-Bretts. Ich kriege mein Team immer und rotiniert durch, da ich keine Klopperei auslasse und mein Team deshalb loyal ist. Das hat aber mehr mit meinem Kompletionismus zu tun, als dass es für mich sonst von Belang wäre. In der Realität ist Loyalität ein hohes Gut, aber in Spielen fühle ich mich meinen Saints-Homies näher, die mich während Missionen erschiessen, wenn sie zuviel Firendly-Fire abkriegen. Das ist wohl so, weil mir da fast keine Vorgaben gemacht werden und ich mir deshalb selbst eine Story entwerfen kann.
(Nicht dass man mich falsch versteht: ich bin ein Fan von Grunt, Zaeed, Tali, Miranda und Morinth und die Romanze mit Tali war etwas vom besten und anrührendsten, was ich je gesehen habe. Die Figuren sind wunderbar gestaltet, man denke nur an Grunts unternehmenslustiges Schultern-Rollen und wie er mich seinen Kampfmeister nennt. Ich verstehe nur nicht, dass wir zum ersten Mal seit Generationen einen Dreschschlund töten, obwohl ich sie im letzten Teil vor dem Frühstück zu Fuss mit der Pistole ausgerottet habe.)
Eigentlich reicht es mir aus, wenn ich mein taktisch ausgewähltes Dream-Team Thane und Morinth zu diese Ungeheuerlichkeit am Schluss bringe, die nur entweder in einer sehr verqueren Alien-Logik Sinn macht oder weil mir ein Spielehersteller einen grossen und beindruckenden Endgegner aufdrücken will.
Was aber die Loyalität mit dieser Sache zu tun hat, verstehe ich nicht. Da gibt es zig Millionen von Menschen da draussen, die auch mit einer kaputten Familie fehlerlos und unabgelenkt arbeiten. Und selbst wen anderen der Schuh drückt, könnten diese Höchsleistungen bringen(z.B. eine Tür öffnen
), wenn sie von fiesen Kakerlaken angegriffen werden.
ME2 wurde sonst praktisch auf allen Bereichen auf ein höheres Niveau gehoben, aber was sie mir da an Ungeheuerlichkeiten in der Story auftischen, unterschreitet den ersten Teil.