Nur um das noch klarzustellen: Dieser Teil meiner Äußerung bezog sich ja ausdrücklich auf die unzähligen Fälle, in denen Spiele wie TLoU oder Bioshock Infinite, die man doch landläufig als klassische Spiele bezeichnen würde und die selbst nach ultraorthodox ausgelegten Definitionen immer noch genug Gameplay aufbieten, um klar als Spiel zu gelten, als interaktive Filme bezeichnet werden. Und ja sicher, für mich ist das auf der reinen Aussagenebene erstmal großer Mumpitz.Wurmjunge hat geschrieben:Nun ja, ich bezog mich vor allem auf deine Meinungsäußerung, daß eine bestimmte Begriffsverwendung grundsätzlich als Mumpitz, Trollversuch und Stichelei zu werten sei, die ich jedoch für legitim und bedingt sogar für sachlich richtig halte, da betreffende Spiele sich ja doch direkt an jenem anderen Medium orientieren. Andersherum könnte ein Spiel, das statt vertonter Dialoge nur Unmengen von Textzeilen aufzuweisen hat, sich mit der Bezeichnung "interaktives Buch" doch glatt geschmeichelt fühlen, da kommen dann Provokationen ganz anderen Kalibers......Lord Hesketh-Fortescue hat geschrieben: Aber wie gesagt, mir geht es hier nicht um Begriffstabus und "Dürfen" oder so einen Quatsch, ich denke halt so darüber.
Ich halte auch nichts davon, alle Definitionen und Genres aufzuheben und gleichsam alles zu irgendeinem schwammigen Interaktiv-Dingsbums zusammen zu quirlen. Alles ist nicht immer alles.
Es gibt Filme, und es gibt Spiele. Spielen ist etwas fundamental anderes als passives Rezipieren, es weist uns eine ganz andere Rolle zu, hat eine andere kulturhistorische Aufgabe und versetzt uns auch in einen anderen geistigen Verarbeitungsmodus. Natürlich gibt es da genreübergreifende Bewegungen aufeinander zu: Filme (und Bücher aka "Spielbücher") können mit Interaktivität experimentieren (dann drückt man z.B. vor dem Fernseher an bestimmten Stellen einen Knopf und springt zu alternativen Kapiteln) , und Spiele können sich - speziell was das Erzählen angeht - stark beim Film anlehnen. Die Abgrenzung kann bei "extremen" Vertretern wie Dragon's Lair durchaus schwierig werden, no problem with that. Aber bei nahezu klassischen modernen Vertretern wie TLoU und Bioshock Infinite ist der Ausdruck "Interactive Movie" dermaßen weit hergeholt, dass in nahezu allen Fällen davon ausgegangen werden kann, dass er nicht deskriptiv verwendet wird, sondern nur einem Zweck dient: Der abschätzigen Herabwürdigung.
Das kann natürlich durchaus Sinn machen, wenn es entweder ganz gezielt als provokante Überspitzung dient oder als Vergleich ("schon fast wie ein interaktiver Film"). Nämlich um klar zu machen, dass es sich um kein "richtiges", "vollwertiges" Spiel handelt, sondern dass der durch Feuer und Eis gestählte Traditionsgamer darüber nur müde lächeln kann. Sowas ist ok, sowas ist Geschmackssache, sowas ist NICHT verboten, aber es ist eine Form der Degradierung, denn der Begriff wird zur Polarisierung benutzt. Diese normative Schlagrichtung unterscheidet das angebliche Videospiel-Genre des interaktiven Films von allen anderen Genrebezeichnungen innerhalb der Computerspiele.
Aber ich betone nochmal, dass niemand von oben herab zu entscheiden hat, wer was wie wo wann und warum bezeichnet. Also nenn es bitte, wie du willst. Das ist eine Form der fortwährenden Diskursbildung innerhalb der Spielerschaft, das muss ausgehandelt werden. Z.B. durch Diskussionen wie diese hier, oder durch Magazine, die diese Genrebezeichnung benutzen und forttragen oder (wie 4P) eben darauf verzichten.