Warum sollte ich nicht Kant bemühen? Es ist doch sinnfällig, daß man hier zu der oben bemühten Buch-Analogie ein reales Beispiel hat. Das war lediglich ein Beispiel dafür, daß das Wesen eines Werkes mit der Gesamtkonzeption steht oder fällt. Es ging mir in dem Beispiel auch nicht darum, daß die Prolegomena retrospektiv die KrV verändert hätte, aber es macht einen gewaltigen Unterschied, welches der beiden Werke man liest. Es behandelt lt. Eigenauskunft des Autors die gleiche Sache, aber man sieht, daß das eine argumentativ in sich geschlossen ist, während das andere dies nicht sein kannn. D.h. analog zu Dark Souls: ich gönne den Prolegomena-Lesern ihr Bedürfnis, rückwirkend wird dadurch ja nicht die KrV schlechter - da hast du recht. Aber es hat Auswirkungen darauf, was von beiden man rezipiert, um die gleiche Sache zu erklären.Oldholo hat geschrieben:Doch, ist es.Abe81 hat geschrieben: Nein, es ist keine Sowohl-Als-Auch-Entscheidung.
Egal, ob es nun Kant (wieso bemühst Du nun eigentlich ausgerechnet den? Es geht hier immerhin um ein ganz triviales Videospiel) oder Martin (der Autor der GoT-Romanvorlagen) ist, es spielt erst einmal überhaupt keine Rolle. Kants Prolegomena haben sein ursprüngliches Werk nicht plötzlich von der Welt verschwinden lassen, so sehr die Kritik an der "Neuauflage" auch gerechtfertigt sein mag.
Was soll das denn sonst sein? Es mag handwerklich ganz gut geschrieben worden sein, aber mehr auch nicht. Es ist nach einem engen kulturindustriellen Strickmuster produziert. Das mag amüsant sein, natürlich, aber kann eben nicht mit einem Gehalt von z.B. Dostojewskis Böse Geister/Die Dämonen mithalten. Einen Gehalt, der sich einem aber erst erschließt, wenn man best. Voraussetzungen erfüllt; wenn man das nur als 'Geschichte' liest, wirkt es natürlich banal, wenn man sich hingegen mit der Geschichte Russlands und der politischen Ideen auskennt und eine Ahnung davon bekommt, daß die Figuren im Buch Sozialcharaktere dieser Ideen sind und nicht psychologische Figuren, kann man es genießen. GoT ist voraussetzungslos, jeder kann es gucken und seinen Spaß haben, alle können gleich viel Spaß haben. Das ist natürlich auch auf eine gewisse Art symphatisch, aber zugunsten einer gewissen 'Verflachung' des Spaßes. Das ist, meine ich, eine gute Analogie zu Dark Souls. Verkürzt man es, verflacht man auch den Spaß. Und die ganzen konservativen Kommentatoren hier im Thread fürchten natürlich zurecht, daß dann die zukünftigen Spiele dieser Firma in genau diesem Geiste produziert werden: Voraussetzungsloser, damit alle Spaß haben können.Oldholo hat geschrieben: Im Übrigen ist aber auch Martins Fantasy-Saga nicht ganz der übliche "Fantasy-Quatsch", was sich schon aus der Serie ganz gut erahnen lässt.
Es ist natürlich 'elitär', daß man Dostojewski nur verstehen kann, wenn man die dazu nötige Bildung hat, es ist ebenso elitär, daß man Dark Souls nur spielen kann, wenn man die nötige disponible Zeit hat, sich damit auseinanderzusetzen - aber das spricht ja nicht gegen das Werk, im Gegenteil. Die logische Forderung wäre also nicht, es auch den Casuals Recht zu machen, sondern diese in die Lage zu bringen, keine Casuals mehr zu sein.
Man kann nach dem vielzitierten 'harten Arbeitstag' nunmal die beiden o.g. Werke nicht mehr konsumieren, aber das spricht gegen den Arbeitstag, nicht gegen die Werke.