Dass die Menschenrechte auf dem kategorischen Imperativ fußen, sollte man so vielleicht nicht ganz stehen lassen. Sicherlich hat Kant in der Metaphysik der Sitten einen Anstoß an der als Humanismus bezeichneten Denktradition gegeben, die letztlich erst die Notwendigkeit der Ausbildung solch allgemeiner Normen - den Menschenrechten- behauptete. Solche Trends müssen aber immer in ihrem gesamten historischen Kontext betrachten werden und dürfen nicht als durch einzelne philosophische Theorien verursacht gesehen werde. Denn bspw. wird der Satz "Kant, Urvater der Menschenrechte" spätestens mit der Betrachtung einiger Aussagen Kants, wie die zur Legitimation von Bastardtötung oder den Umgang mit Homosexualität, hinfällig.mr archer hat geschrieben:Zunächst denke ich, Du vermischst da zwei Fragen, die man getrennt behandeln sollte. Mit "gesellschaftlich wertvoll" habe ich auch so meine leichten Probleme. Was die universelle Moral angeht, würde ich aber dezenten Widerspruch anmelden wollen. Den kategorischen Imperativ beispielsweise würde ich für einen recht universellen Moralansatz halten. Auf ihm fußen ja auch die allgemeinen Menschenrechte. Mit Betonung auf "allgemein".Obstdieb hat geschrieben: Ohne die Diskussion der letzten Seiten verfolgt zu haben, muss ich dochmal fragen. Wer bestimmt denn was moralisch "gut" oder "schlecht" ist. Was gesellschaftlich "wertvoll" ist und was nicht.
Eine universelle Moral gibt es nicht.
Was ich eigentlich aber los werden wollte: Wenn Obstdieb über universelle Moral redet, dann spricht er über Moral als ein intersubjektiv geteiltes Wertesystem. Es sollte auf der Hand liegen, dass es ein solches nicht gibt.
Wenn du über universelle Moral redest, sprichst du eigentlich nicht über Moral, sondern über Ethik. Der von dir aufgeführte kategorische Imperativ ist eine formale ethische Theorie über Moral. Es handelt sich also um eine Methode zur Beurteilung konkreter Moralfragen, nicht um Moral selbst. Die Universalität, die du beschreibst, ist in dem formalen Charakter dieser Theorie enthalten: Jede mögliche Handlung wird als mit Hilfe dieser Theorie entscheidbar kategorisiert.
Anders ist es natürlich wenn du, so wie Kant, davon ausgehst, dass der kategorische Imperativ ein a priori gegebenes Prinzip ist, das durch die praktische Vernunft erkannt werden kann. Dann bist du auf der Schiene wie dein Nachredner Sharkie, der von universellen Anlagen (Empathie) spricht. Hier geht der methodische Charakter zunächst verloren, da von metaphysischen (Kant) bzw. biologischen Voraussetzungen ausgegangen wird, die als gegeben vorgestellt werden und unsere moralischen Entscheidungen von Grund auf leiten.
Letztlich kommt es also auf die Frage an, aus welchem Blickwinkel man Moral betrachtet. Ist Moral, so wie Obstdieb meint, ein Sammelsurium von Sitte, Normen etc. das per se nicht universell sein kann oder ein Geflecht von bereits a priori gegebenen Prinzipien, die ihre Universalität aus einem allgemeinen Gültigkeitsanspruch ziehen?
Man sieht, es ist eine sehr genaue Unterscheidung von Nöten, will man nicht aneinander vorbei reden
