Trotzdem erstmal eine Review, die im Laufe der nächsten Tage erweitert wird.
Für mich auf jeden Fall mit großem Abstand die einzigartigste Spielerfahrung dieser Konsolengeneration. Ich bin kein Fan von super langsamen Spielen, aber auch kein Actionfan à la CoD. Ein SotC habe ich geliebt. Ein RDR2 hat mich zum Beispiel eher enttäuscht. Diese erzwungene Verlangsamung des schon gemächlichen Spieltempos in bestimmten Situationen fand ich damals einfach nervig (z.B. Lager). Also ich bin ich eigentlich nicht der Gamer für diese Art von Spiel.
Hier hatte ich das Problem erstaunlicherweise aber (fast) gar nicht, da das Tempo über die 80 Stunden größtenteils gleich blieb.
Ich versuche zwar Spoilerfrei zu bleiben, packe sicherheitshalber aber alles hinter Spoilerzeichen
- Das Gameplay ist erstaunlich spaßig, präzise und breit gefächert. Mir fällt kein Spiel ein, dass über so eine lange Spielzeit stetig neue Gameplayaspekte bietet und diese sinnvoll und spaßig einbindet (z.B. die Zipline).
- Die Steuerung von Sam ist extrem präzise, komplex und simpel zu gleich. Das balancieren macht Spaß und man muss L2/R2 nicht dauerhaft gedrückt halten
- Auch die allgemeine Konzeption ist so genial, wie simpel. Die Openworld ist dein Feind, den du erstmal bezwingen musst. Je mehr Zeit man in dieser Welt verbringt, desto mehr wird sie zum Spielplatz, man muss sie aber trotzdem respektieren.
Es ist schon irgendwie ironisch, dass viele Spieler, die das Spiel noch nie gespielt haben, es als schlechteste Form des Openworldkonzepts beschrieben haben (Wandersimulator), obwohl DS eigentlich das einzige Spiel ist, welches das Spielkonzept "Openworld" am meisten respektiert und gekonnt einsetzt. Die meist leere und mysteröse Welt ist der Star in diesem Spiel, während die OW in vielen anderen Spielen einfach nur als Deko dient.
- Story ist fantastisch. Anfangs sehr verwirrend, aber am Ende eigentlich sogar ziemlich simpel gehalten und erstaunlich persönlich (obwohl es eigentliche ein "Rette die Welt"-Szenario ist). Viele Begriffe sind zu Beginn schwer zu verstehen, genauso wie die ganzen visuellen Andeutungen, es wird am Ende aber alles genau erklärt.
Es gibt zwar kleine Details, die nicht konsequent den Regeln der kreierten Welt folgen, aber hey... das ist in SciFi meistens so.
Leider sind manche Twists etwas vorhersehbar, aber es gibt genug überraschende Momente
(Eine Sache ist mir jedoch aufgefallen: Hat Kojima wirklich an allen Dialogen mitgearbeitet? Denn die mMn sehr schwachen Dialoge im ersten Drittel verschwinden gegen Kapitel 6-7 komplett. Zumindest kamen mir die Dialoge deutlich besser vor. Weniger cheesy, jeder Charakter hatte einen eigenen Stil und insgesamt deutlich besser - Das hat zu Beginn sehr an MGS erinnert, aber wurde immer besser)
- Viele sehr gute Charaktere. Insbesondere Fragile, Unger und Heartman haben es mir angetan.
- Das Baby ist mir auch zimelich schnell ans Herz gewachsen
- Das Frachtmenü ist exzellent durchdacht. Man braucht etwas um reinzufinden, aber das geht relativ schnell.
- Grafisch das vielleicht schönste Spiel dieser Gen. Teilweise sieht es fotorealistisch aus. 30 FPS stabil gehalten. Bei meiner "normalen" PS4 gab es einige matschige Bodentexturen aber das wars. Sonst alles sehr hübsch, auch dank des fantastischen Artdesigns.
- Sams stille Art fand ich sehr passend zur Geschichte und Welt. Norman Reedus ist eine optimale Besetzung für postapokalyptische Szenarien und seine Evolution im Laufe der Geschichte ist nachvollziehbar und nicht überhastet.
- Unglaublich viele philosophische Ideen, Legenden aus unterschiedlichen Kulturen, wissenschaftlichen Konzepten und viele bildliche Metaphern sind erstaunlich gut eingearbeitet. Manche sind etwas zu "on the nose", z.B. Handschellen, aber vieles auch sehr elegant zusammengemischt. Es bleibt jedenfalls viel Spielraum zum interpretieren.
- Die Onlinekomponente ist mMn der geheime Star dieses Spiels. Schon fast revolutionär (ich weiß, es klingt hyperbolisch). Ich HASSE eigentlich fast alles was Online gespielt wird. Hier ist es aber tatsächlich ein nicht penetranter Onlineaspekt in einem Singleplayer....und keiner tötet einen anderen, was die Message des Spiels nochmal verstärkt! Es ist einfach zu 100% durchdacht und perfekt umgesetzt worden. Man arbeitet zusammen mit Unbekannten und baut Straßen und andere Wege dank der Tools, welche man mit der Zeit bekommet. Es komtm wirklich ein Gefühl der Zusammenarbeit auf, welche dann vor allemdurch die Straßen (auch Leitern, Ziplines, Fahrzeuge und co) visuell nochaml hervorgehoben werden und den Fortschritt verdeutlichen. Chapeau Kojima Productions!!!
- VOIDOUTS!!! Visueller Leckerbissen, der mir mal passiertist, als ich, während eines Kampfes, am Telefon war (und ein BT mich gefressen hat).
Negatives:
- Während das Frachtmenü an sich sehr gut funktioniert, sind alle anderen Menüs zu überladen. Man hätte das Kartenmenü, inklusive Untermenüs mit dem Touchpad deutlich sinnvoller nutzen können. Days Gone hat vor kurzem sogar gezeigt, wie sowas viel angenehmer umgesetzt werden könnte.
- Etwas zu viel Exposition. Mich stört sowas nicht, aber wenn Charakter X mir etwas über meine Handschellen erzählt, während ich auf dem Weg zu ihm bin und er es mir beim Treffen 5 Minuten später nochmal erzählt, dann hätte man die erste Kommunikation auch sein lassen können.
- Dialoge sind teilweise wirklich schrecklich geschrieben. Keine Ahnung, ob Kojima mit seinen amerikanischen Kollegen daran arbeitet oder es danach übersetzt wird, aber daran muss dringend was verbessert werden
- Shootergameplay etwas schwammig für meinen Geschmack. Ist zwar kein großer Teil des Spiels (je nachdem wie man spielt), aber doch nicht so klein, dass man es nicht erwähnen sollte
- Zu viele Zwischensequenze für Übergänge (z.B. Paket abgeben, Chyralnetzwerk verbinden, Beim recyclen auch noch die Dankeschön-Meldung). Da hat man irgendwann ständig wegklicken.
- Sobald Bts in der Nähe sind muss dein Detektor erstmal aktiv werden, was auch eine eigene Sequenz hat. Nach dem 20. Mal war das schon etwas nervig
- Weinendes Baby passiert zu einfach. Bei BTs macht es Sinn und macht die Situation (im positiven Sinne) noch stressiger, aber wenn man bei fast jedem stolpern oder gegenstoßen das heulende Baby hört....vor allem, da das Baby beruhigen auch mMn einen Knopfdruck (+ wippen) zu viel verlangt...dann nervt das auf Dauer etwas
- Steuerung von Fahrzeugen ist okay, aber manchmal sehr komisch. Inbesondere bei den Wagen. Bei Schnee kann es sehr chaotisch werden und die Fahrphysik ist dann nicht-existent
- Schwierigkeitsgrad etwas ZU einfach auf Normal. Es geht in dem Spiel zwar nicht wirklich um die Kampfsituationen, aber BTs hätten etwas kniffliger sein können
Absolutes Topspiel und eine einzigartige Erfahrung!!!