@all
Auch wenn immer viel auf die Forenkultur geschimpft wird, muss ich doch mal loswerden, dass die Diskussion auf den letzten paar Seiten spürbar gewonnen hat durch die guten Beiträge.
bad robot hat geschrieben: Die romantischen Optionen auf Imagination und Innerlichkeit passen viel besser zu unserer besinnlichen Abenteuerlust am Bildschirm. Dies hat sicherlich tausenderlei Gründe, angefangen mit der Lust am Medium, am Medialen schlechthin, über einen Ethos der Vorsicht und Bequemlichkeit bis hin zum Anachronismus einer humboldtianischen Gesinnung angesichts einer bereits vollzogenen Vermessung der Welt.
Schöner hätte ich es nicht sagen können.
bad robot hat geschrieben: [...] muß sich die Sehnsucht nach dem Unbekannten, dem Unentdeckten, eine andere Richtung suchen. Und dieses Unverfügbare hat dabei nicht in jeden Fall räumliche Dimensionen. Man denke etwa an die enormen Entdeckungsmöglichkeiten, die Silent Hill 2 offeriert [...]
Leider habe ich Silent Hill ausgelassen, sollte ich vielleicht mal nachholen. Aber der Verweis auf nichträumliche Dimensionen ist natürlich interessant. Mir scheint deine Beschreibung in Richtung Selbstreferentialität von Computerspielen bzw. elektronische Medien zu gehen. Meinst du mit Entdecken eine Variante des postmodernen Zitier- und Vexierspiels? Das auf sich selbst Reflektieren, das Fokussieren der Bedingung der Möglichkeit des medialen Erlebens.
Ein interessantes Entdecker-Spiel ist Dwarf Fortress, das für jeden Spieler ein individuelles Erlebnis bietet:
[...]
Aber Spiel ist doch ein räumliches Medium.
Danke für den Hinweis, duder! An Dwarf Fortress war ich schon länger mal interessiert, aber als Grafikfetischist war ich bis jetzt von den ASCII-Zeichen immer etwas abgeschreckt. Sieht jetzt viel besser aus.
Zur Diskussion um Räumlichkeit: Das Spiele ein räumliches Medium sind, würde ich (vorsichtig) unterstützen. Aber gerade Spiele wie Portal zeigen doch, dass man diesen Raum durchlöchern kann, wie Schweizer Käse. Am interessantesten fand ich die Erfahrung, wenn man ein Portal nur halb durchschreitet und mehr oder weniger an zwei Orten gleichzeitig ist. Das scheint mir die beste Illusion (und Innovation) bei Portal zu sein.
4P|T@xtchef hat geschrieben:Wollen wir das nicht auch, wenn wir PC oder Konsole anschmeißen? Abenteuerlust? Diese magische Mischung aus Neugier und Entdeckerdrang wird noch viel zu selten befriedigt.
Die meisten Antworten (inklusive meiner ersten) gehen mehr auf den Entdeckerdrang als auf die Neugier ein. Lasst uns doch die Lustseite bei "Abenteuerlust" mal mehr betonen.
Meleemaru hat das eigentlich ganz schön mit sorgloser, glücklicher Atmosphäre umschrieben. Ich denke, und da hat Jörg auf jeden Fall recht, dass es zuwenig Spiele gibt, die in der Lage sind uns Dinge tun zu lassen,
nur weil wir sie wollen. Damit meine ich nicht die zurecht kritisierte Beliebigkeit einer total offenen Welt. Es geht nicht nur um Interaktionsmöglichkeiten, sondern um Schönheit. Dabei kann das Spiel mich durchaus leiten, aber eben nicht zwingen. Ein solches Spiele sollte wie eine antike "Sirene" sein. Ich will ihr auf die Insel folgen, weil ich dazu verführt werde. Das es in der programmierten Spielwelt nur eine Insel gibt, und die anderen Inseln Illusionen aka "Skybox" ist für mich dann doch total nebensächlich. Verführung durch eine Sirene statt ein Deal mit dem Level-Kaufmann ("Wenn du 15 Stunden lang Quests erfüllt, bekommst du am Ende den obercoolen Level 431 Helden!")
Schönheit meint weniger ein "das und das finde ich schön", sondern mehr "Was für ein Erlebnis!"
Wieviele solcher Momente hattet ihr, die nicht auf dem Besiegen eines Monsters, Meistern einer Herausforderung etc. beruhten?
PS: Das Meistern einer Herausforderung ist natürlich auch ein Erlebnis, hat aber nichts mit der Schönheit eines freien Tätigkeit zu tun. Es geht gerade um Sonnenuntergänge bei Oblivion etc. Dinge die ich als Selbstzweck tue, für die ich keine Belohnung bekomme, sondern nur um ihrer selbst wegen... die klassische Definition von Spiel. Vielleicht meinte Jörg auch das mit dem Althochdeutschen "Tanzen": laikan ist auch ja auch "leicht", oder?
Da kennt sich der Mediävist Luibl sicher besser aus.