"Coma" ist konventionelles, aber hervorragend geschriebenes und gefilmtes Spannungskino von Michael Crichton aus dem Jahre 1978. Junge, gesunde Patienten fallen bei Routineoperationen überraschend ins Koma und werden dann an ein mysteriöses Institut überstellt, was eine Ärztin zu Nachforschungen veranlasst. Mir gefällt besonders die starke Leistung von Geneviève Bujold. Selbst im heutigen Mainstream-Kino sieht man selten derart starke und dominante Protagonistinnen. Die anderen Darsteller wirken im Vergleich blass, zudem nervt manchmal die etwas zu dick aufgetragene Musik. Außerdem weiß man natürlich von Beginn an, in welche Richtung sich der Film entwickeln wird. Das liegt aber eher am Genre, denn an dem Film selbst. Insgesamt ist der Streifen gut gealtert, überzeugt durch einen makellosen Aufbau und ist definitiv eine Empfehlung für Genrefans.
9/10
"CSA - The Confederate States of America" konfrontiert den Zuschauer mit einem ebenso beängstigenden wie faszinierenden Szenario: Was wäre, wenn die Konföderierten dank europäischer Hilfe den amerikanischen Bürgerkrieg gewonnen hätten? Die
Mockumentary (gibt es ein passendes deutsches Wort dafür?^^) ist aufgemacht wie eine professionelle Fernsehdokumentation. Der Film zeichnet mit Interviews, manipuliertem oder extra gedrehtem historischem wie aktuellem Bildmaterial und bizarren Einspielern ein bestechendes Bild eines modernen Amerikas, das Sklaverei und Kolonialismus zu seinen zentralen Werten zählt. In diesem fiktiven Universum ist dies eine britische, in den CSA kontrovers diskutierte Fernsehdokumentation, die nun zum ersten Mal im CSA-Staatsfernsehen ausgestrahlt wird, komplett mit regelmäßigen bizarren, oft extrem rassistischen Werbe- und Propagandaeinspielern. Begleitet wird auch ein offen mit Hilter sympathisierender Präsidentschaftskandidat, dessen packender Werdegang zu den Highlights der Produktion gehört.
Das Konzept überzeugt in jeder Hinsicht, die Ausführung hat freilich manche Schwächen. So ist das geringe Budget oft deutlich erkennbar: Die Qualität des "historischen" Materials schwankt zwischen beeindruckend (ein John F. Kennedy im Präsidentschaftswahlkampf, der über die Rolle der Sklaverei in der Gesellschaft redet) und lächerlich (amateurhafter Hitler-Imitator im Abschnitt über den 2. Weltkrieg, manche Fotos). Ein Großteil der unbekannten Darsteller überzeugt, aber es gibt schon einige deutliche Ausrutscher nach unten. Auch fachlich gibt es Dinge zu bemängeln, angefangen bei der überall präsentenFlagge, die zwar jeder mit den Südstaaten des Bürgerkrieges assoziiert, die aber nie tatsächlich deren Flagge war. Der Abschnitt über den 2. Weltkrieg ist gerade was die diplomatischen Interaktionen mit Hilter angeht grotesker Unsinn, zudem wird das Thema Kalter Krieg komplett ausgespart, was gigantische Logiklücken aufreißt (Mondlandung, um nur ein Beispiel zu nennen). Man merkt, dass die Filmemacher deutlich mehr Kompetenz in den Bereichen Innenpolitik und Kultur besitzen als bei Außenpolitik, Wirtschaft und Geschichte.
"CSA - The Confederate States of America" hinterlässt insgesamt trotz aller Schwächen dennoch einen sehr guten Eindruck, beschäftigt, regt zum Denken an, ist in vielerlei Hinsicht einfach nur clever und raffiniert. Kleiner Hinweis: Es gibt weder eine deutsche Synchro oder Untertitel, noch ein offizielles Release in diesem Land (keine FSK-Einstufung).
9/10
"The Wind That Shakes the Barley" ist ein klassisches Widestandsepos zur Zeit des Anglo-Irischen Krieges und des Irischen Bürgerkrieges Anfang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Im Zentrum stehen zwei Brüder, die durch den Kampf gegen die britische Terrorherrschaft vereint werden. Die Geschichte basiert auf historischen Gegebenheiten und beeindruckt durch seine außergewöhnlich hohe Authentizität. Auch die Darsteller überzeugen durchgehend.
Wer einen leichtgängiges Heldenepos wie "Michael Collins" mit Liam Neeson erwartet, wird aber enttäuscht sein. Die Action ist realistisch, aber rar, sparsam inszeniert und spielt im Vergleich zu den komplexen gesellschaftlichen und persönlichen Problemen, denen sich die Protagonisten stellen müssen, nur die zweite Geige. Der Anspruch ist generell hoch, was sich u. a. an dem im Original knifflig zu verstehenden irischen Akzent der Protagonisten und den wenigen vorgekauten historischen Informationen zeigt. Teils gibt es feurig geführte, minutenlange politische Diskussionen, die aufgrund weniger Schnitte und sich überschlagender Darsteller improvisiert wirken. Dennoch fehlt dem Film das gewisse Etwas. Die Regie ist zwar souverän, aber doch zu zurückhaltend, die Briten und ihre Motivationen werden unzureichend dargestellt und meist reduziert auf das, zugegeben auch in der Realität, idiotisch-verbrecherische Verhalten der niederen Chargen reduziert. Dabei sind die Widerstandskämpfer alles andere als strahlende Helden, was gefällt, aber es fehlt ihnen auch an Charakter. Oft hat man das Gefühl, dass jeder Protagonist auf eine spezifische politische Idee und/oder persönliche Rolle reduziert ist und kaum bis gar nicht davon ausscheren kann. Es fehlt ein Gegengewicht zu all der Dramatik, dem Sterben und Leiden, so gelungen es auch gemacht sein mag.
Diese Schwächen im Script und bei der Regie schmälern das Gesamtbild. Die überragenden Darsteller machen den Film aber dennoch für jeden Geschichtsinteressierten und Freund von Widerstandsgeschichten sehenswert.
7/10