Dieser Test ist ein trauriges Beispiel dafür was passiert, wenn man seinen persönlichen Geschmack in eine Wertung einfliessen lässt. Es stösst mir als Leser unangenehm auf, mit welcher Arroganz der Tester auf die vermeintlich gravierenden Negativpunke des Spiel einprügelt, die positiven Aspekte aber bewusst nur am Rande oder garnicht erwähnt.
Dabei wird nicht nur regelmässig unzulässig verallgemeinert, sondern auch undifferenziert argumentiert:
Sie wollen mein Fleisch, ich will nur meine einundzwanzigste blöde Quest erfüllen: Fackeln aus Wracks bergen.
Welche Quests soll das Spiel noch bieten ausser der kompletten Palette aus:
- Eskortmissionen
- Schalter-/Puzzlemissionen
- Suchmissionen
- Killmissionen
Fehlen dem Tester anspruchsvollere Aufgaben wie das Lösen linerarer Gleichungen mit zwei Unbekannten? Das Erstellen eines phyikalisch korrekten Schaltplanes für ein Hochleistungsfunkgerät? Das komplizierteste, was ich in Resident Evil 5 erlebt habe, war das Suchen von Schaltern, die ich zu drücken habe. Welche Quests hatte Left 4 Dead zu bieten? Eben.
Aber unterm Strich ist das Egokampfsystem solide, berücksichtig nicht nur Brüche und Schnitte, sondern auch geworfene Klingen, die im Leib stecken bleiben und erlaubt über den mächtigen Tritt auch das effiziente Irritieren der Untoten.
Soso, das Kampfsystem ist also solide. Ich kenne kein anderes Zombie-Game auf dem PC, das ein Kampfsystem bietet, welches sowohl das Abtrennen UND Brechen von Extremitäten als auch das Steckenbleiben von Wurfgeschossen unterstützt. Zusätzlich gibt es freischaltbare Special-Moves und Zeitlupendarstellung. Tja, wenn einem das Gesamtprodukt nicht gefällt, ist so ein System eben nur noch solide.
Man fühlt sich spätestens nach zwei Stunden so, als säße man in einer miesen Absteige, obwohl einem ein 5-Sterne-Urlaub versprochen wurde.
Bin ich der Einzige, dem bei solchen Aussagen die Galle hochkommt? Es muss heissen: "Ich (Jörg Luible) fühlte mich nach zwei Stunden...".
Diese Arroganz zu wissen, wie sich der Spieler bei einem Game fühlt, ist anmassend ohne Ende, denn ich fühlte mich auch nach 10 Stunden -und tue is immer noch- pudelwohl und gut unterhalten auf Dead Island.
In der Spielewelt wird man mal wieder von einem Drehbuch und Darstellern auf C-Film-Niveau entsetzt, die wie abgehalfterte Pornostars aussehen und reden.
Und gleich die nächste unprofessionelle Verallgemeinerung immer noch auf Seite 1. Sehen Sinamoi, James, Jack etc. aus wie "abgehalfterte Pornostars", nur weil sie neben Bikinimädchen stehen? Das ist bestenfalls Argumentation auf "C-Niveau".
Techland scheitert trotz so vieler Vorlagen. Sie scheitern auch, obwohl sie zu einem großen Teil das verwursten, was Dead Rising, Left 4 Dead und auch Resident Evil 5 noch auszeichnete – zum einen das bizarre Waffenarsenal sowie Quests in offener Welt, zum anderen schnelle Zombiekämpfe in Egosicht oder Panik angesichts mächtiger Bosse. All das gibt es auch hier in allen Bereichen zwei Klassen schlechter
Weder Left 4 Dead noch RE5 haben eine offene Welt. Von daher hat Dead Island durchaus was zu bieten, was andere Zombie-Games eben nicht haben.
Die ersten Szenen sorgen bereits für Stirnrunzeln: Ich entscheide mich für eine Frau unter den vier wählbaren Charakteren, aber werde im weiteren Verlauf wie ein Mann angesprochen und behandelt. Was soll das? Wie soll man sich da identifizieren? Da verbarrikadieren sich tätowierte Kerle und sie übergeben mir als schmächtige Asiatin nach einem Blick die Verantwortung? Und das, obwohl man als jemand startet, der sich über all die Gewalt um ihn oder sie herum wundert? Einfach so? Wegen Bruce Lee?
Nein, denn wie jeder, der das Spiel ernsthaft gespielt hat, eigentlich wissen sollte: Weil der Player - im Gegensatz zu den "tätowierten Kerlen" - als einziger immun gegen die Zombies ist. Für diese unhaltbare Kritik ist nun ein ganzer Absatz im Test draufgegangen. Platzverschwendung, Herr Redakteur.
Man darf keine eigene Figur mit Werten erstellen, sondern ist auf einen Helden aus einem vorgefertigten Quartett angewiesen
Siehe Borderlands. Das ist definitiv kein Negativpunkt, sondern für ein Action-Spiel eher viel Auswahl.
Plötzlich gibt es eine Zwischensequenz, die vier Helden im Angesicht des Monsters zeigt. Erst hatte ich die Hoffnung, dass hier nach einem halben Dutzend Spielstunden vielleicht weitere NPC-Charaktere hinzu kommen, aber sobald der Film vorbei ist, verschwinden die drei anderen wie von Geisterhand. Sie sind einfach weg – futsch!
So eine Sequenz gibt es schon am Ende des Prologs. Und ja, die anderen fehlenden potentiellen Mitspieler sind nach der Sequenz wieder weg. Und wo war da jetzt nochmal das Problem? Da muss man sich als Leser echt fragen, wo bei dem vorliegenden Test die Schwerpunkte liegen.
Aber Vorsicht: Das Auto, das man gerade noch vor einem Lager geparkt hat, kann nachher einfach verschwinden!
Das passiert bei Top-Titeln wie GTA 3-4 ganz genauso. Vielleicht sollte man diese Games nochmal neu bewerten und ein paar Prozente abziehen.
Vor allem die Frauendarstellung: Selbst die Zombieladys könnten in einem Hip-Hop-Video ihre prallen Ärsche in die Kamera halten. Das wäre ja nicht schlimm, wenn es auch mal figürliche Abwechslung geben würde!
Genau, man will schliesslich nicht nur hübsche Zombies schnetzeln. Wie kann ein Spiel, dass in einem Südsee-Party-Insel-Setting spielt, nur so einseitig sein? Zumindest jeder 10. Zombie sollte entweder dick, hässlich oder alt sein. Und wo sind eigentlich die Zombie-Kinder in dem Game?
Im Ernst, ich muss wieder die Frage nach den Schwerpunkten stellen.
Wieviele Erbsen muss man zählen, um auf eine Wertung von 50% zu kommen?
Mein Fazit:
Wenn mir ein Spiel nicht gefällt, kann ich auch alle Fehler in einer nahezu endlosen Liste aneinanderreihen und die (für mich unwichtigen) Pluspunkte des Games unter den Tisch fallen lassen. Aber die Dreistigkeit, mit der das hier passiert ist, sorgt bei mir auch für Stirnrunzeln, um es mit Herrn Luibls Worten auszudrücken.
Auf der Pro-Seite fehlen noch:
+ Komplexes Kampfsystem
+ Zufalls-Items à la Diablo / Borderlands
+ Sammeltrieb durch Collectibles
+ Achievements
+ Statistiken
+ Easter-Eggs
+ Sichtbare Waffenabnutzung
+ Atmosphärischer Sound
+ Guter Soundtrack
Wogegen man folgende Negativpunkte getrost ignorieren oder gerechterweise streichen kann:
- ...aber nur mit Blaupause
- zu selten ein Gefühl der Gefahr
- monotone Hol- und- Bring- Missionen
- Feuer ohne Auswirkung auf Holz
Eine Wertung ab 65% wäre drin und fair gewesen. Denn das Spiel unterhält auf jeden Fall überdurchschnittlich.