Wigggenz hat geschrieben:
Aber etwas "sexistische Inhalte" zu nennen unterstellt einem Urheber immer automatisch sexistische Gesinnung. Und das geht gar nicht. Niemand lässt sich gerne Gesinnungen unterstellen.
Wie gesagt, das siehst
Du so. Die Differenzierung, die ich und auch die meisten anderen Diskutanten hier vornehmen, besagt aber eben genau, dass die bloße (
unbewusste) Verwendung von sexistischen Tropes eben nicht notwendigerweise auf eine dahinterstehende sexistische Gesinnung schließen lässt. Nochmal: Niemand - ich nicht und Sarkeesian auch nicht - unterstellt irgendwem, ein Sexist zu sein. Für Dich ist diese Differenzierung halt Augenwischerei und damit nicht gültig, bzw. für Dich gibt es überhaupt keine unbewusste Reproduktion von Ideologien. Dass das eine Grundsatzfrage ist, damit hast Du Recht. Deshalb werden wir uns da nicht einig werden.
Aber du findest den Begriff "sexistisches Spiel" aus den von dir genannten Gründen gerechtfertigt, kann man nunmal nichts machen.
Mach "sexistischer Inhalt" draus, dann unterschreib ich das. Theoretisch halte ich zwar auch "sexistische Spiele" für denkbar, allerdings nicht im Bezug auf die allermeisten der von Sarkeesian analysierten Spiele, da reicht der Begriff des "sexistischen Inhalts" vollkommen aus. Auch hier sollte eine grundsätzliche, maßvolle Differenzierung stattfinden: Das Vorhandensein von sexistischen Tropes macht ebensowenig das ganze Werk zum sexistischen Pamphlet, wie es den Autoren automatisch zum Sexisten macht.
Eine Analogie: Ich lese im Moment mit großem Genuss einen Agatha Christie-Krimi nach dem anderen. Gelegentlich (nicht: 'andauernd') finden sich in diesen Geschichten jüdische Charaktere, die zwar keine bösartige antisemitische Karikatur darstellen, aber dennoch in ihren Teilaspekten damals (und teilweise leider auch heute) gängige Klischees über Juden bedienen - ein Umstand für den Christie zu Recht kritisiert wurde und wird. Das macht aus einem solchen Roman aber noch kein 'antisemitisches Buch' (in diesem Fall würde ich es mit Sicherheit nicht lesen), aber es lassen sich eben leider bestimmte antisemitische Anklänge darin finden.
Was mich wirklich reizt an deinem Beitrag ist Folgendes:
Ich werde dir aber nicht so durchgehen lassen, wie du mir hier unterstellst, mich überhaupt nicht mit Fiktion auseinanderzusetzen und Subtext und Implikationen pauschal zu negieren. Du kannst nicht ankommen mit "Grundsatzfrage, da werden wir uns eh nicht einig und ich will dir das nicht absprechen" und gleichzeitig die abgelehnte Position anhand von unbegründeten Einwürfen als minderwertig darstellen.
Das unterstelle ich Dir doch überhaupt nicht. Wäre auch ziemlich unclever von mir, sowas zu behaupten, belegt doch Deine ausdauernde Diskussionsführung, dass Du Dich sehr wohl intensiv mit der Fiktion auseinandersetzt. Du brauchst Dich also nicht gereizt zu fühlen.
Allerdings: Unter Leuten, die sich mit Fiktionen beschäftigen, stellt die Ansicht, dass diese keine von der bloßen Autorenintention differenzierbare Werkaussagen implizieren, in der Tat eine Exotenmeinung dar.
Das habe ich gesagt, und das wirst Du auch empirisch nachprüfen können, denn diese Meinung widerspricht einfach komplett dem heutigen Stand der Literaturwissenschaften, oder neutraler ausgedrückt, den heute dort gültigen Paradigmen. Und da Du ja so viel Wert auf Intentionen legst und daraus nicht herleitbare Unterstellungen ablehnst: Nochmals möchte ich klarstellen, dass ich damit nicht Deine Haltung als minderwertig darstellen oder verächtlich oder lächerlich machen möchte. Ich denke, das habe ich nun hier und in meinem letzten Post genug betont.
Und noch ein weiterer wichtiger Punkt: Jegliche Autorenintentionen, -absichten und -ideologien sind uns als Lesern / Spielern / Kritikern doch überhaupt nicht zugänglich. Wir können nicht in den Kopf des Autors hineingucken und prüfen, was er sich dabei gedacht hat, was für Ziele er verfolgt, welchen Ideologien er nachhängt. Wir können lediglich das Werk beurteilen (und natürlich auch biographische Informationen über den Autor, Eigenaussagen, etc. - wobei das bei einer Fiktion nachrangig ist).
Edit: Eine Sache muss ich dabei zugeben: Dass es für Dich keine Subtexte und Implikationen gibt, habe ich in der Tat behauptet. Wenn Du nun sagst "Doch, natürlich gibt es sowas, und es ist vereinbar mit meiner Annahme, dass es nur solche Werkaussagen gibt, die sich mit Autorenintentionen decken", dann muss ich das zunächstmal so hinnehmen, schon okay. Nur würde mich dann interessieren: Wie sähe ein solcher Subtext denn für Dich aus? Ein Beispiel vielleicht?