Bachstail hat geschrieben: ↑26.10.2018 15:06
Und das Schlimme ist, dass all die Begriffe, welche hier aufgezählt wurden (und das waren eine Menge), tatsächlich aktiv benutzt werden, sei es SJW, Soyboy, cuck, Neckbeard, Redneck, beta male oder was auch immer.
Nun, Schimpfworte sind dazu da, um benutzt zu werden. Früher hat man z.B. Hundsfott, Abschaum, Anarchist, Sozialist oder das populäre Arschloch verwendet. Jetzt halt diese Begriffe hier.
Mehr ist das ja nicht. Schimpfworte, die in irgendwelchen Ecken kreiiert werden, damit man den Gegner ein paar Wochen lang total kreativ beschimpfen kann. Zu mehr reicht es dann auch nicht, man erschöpft sich im gegenseitigen Hochjazzen und Shitstormen. Irgendeinen langfristigen Einfluss über den hyperventilierenden Augenblick der Erregung hinaus hat das alles aber nicht.
Und immer dran denken, zu Zeiten von Herbert Wehner und Franz-Josef Strauss war es gang und gäbe bei Reden im Bundestag volle Kanne die Sau rauszulassen. Die Gesellschaft ist dabei nicht zusammengebrochen. Ich kann daher schon nachvollziehen, dass der politisch unkorrekte Dummschwatz der Orang-Utans im Weißen Haus für manche Leute attraktiv wirkt, weil er im krassen Gegensatz zum weichgespülten Nichtssagen heutiger Politikeräusserungen steht. Dass Sprache das Bewusstsein beeinflusst ist ja keine neue Erkenntnis und wenn man vor lauter PC bestimmte Probleme nicht einmal mehr erwähnen darf ... wie gesagt, diese Gegenreaktion ist nachvollziehbar.
Dumm halt nur, dass es viel zu oft zu mehr als einem reflexhaften DAGEGEN und einer Sucht nach immer extremeren Ausfällen nicht reicht. Gerade die Edge-Lords des Internets können dabei nur in eine Richtung gehen. Mehr Radikalität, mehr Extremismus. Eine Spirale, die entweder in Gewalt oder in einem kümmerlichen Wimmern enden kann, wenn selbst die extremsten, kontroversesten Sprüche nicht mehr den nötigen Kick liefern können. Ich hege die starke Annahme, dass der überwiegende Teil dieser Menschen sich einfach stillschweigend davon macht, wenn der Reiz vorbei ist, wenn die Droge nicht mehr zieht. Der Rest hingegen ... Willkommen, Oh Du Terrorist des 21. Jahrhunderts! Wo es nicht mehr um ein Weltbild, Religion oder Politik geht, sondern um coole Selbstinszenierung, wenn man nur um des Gags Willen Bomben in Menschenmengen zündet.
Ich habe bei mir einen Kollegen, der vergnügt sich gerne in diesen Ecken des Internets und provoziert gerne mit, weil ihm das Spaß macht. Da geht es um keine Ideologie, nicht um Weltanschauung, nicht um Menschen und Schicksale, sondern nur um den ganz eigenen Kick, den eigenen Spaß, das Adrenalin einer erfolgreichen Provokation. Was das alles für Folgen hat, wird brüsk negiert und vehement ignoriert. Denn niemand hat das Recht ihm seinen Spaß zu nehmen.