Auch wenn das für viele hier wohl an Blasphemie grenzt, aber ich fand Red Dead Redemption 2 klasse!
Hab das Spiel angefangen und war erst mal absolut ernüchtert von dieser Trägheit. Meine Fresse. Die Story plätschert vor sich hin, die Charaktere waren mir ziemlich egal. Hab es immer mal wieder eingelegt und bis zu Kapitel 4 oder so gespielt. Ich wollte es mögen. Gelang mir nur teilweise. Ich habe dann irgendwann festgestellt, dass ich das Spiel einfach völlig "falsch" gespielt habe.
Hab es nochmal neu angefangen, mir dieses mal Zeit gelassen und alles genossen, so gut es ging. Wie oft ich nach jeder Storymission im Lager verweilt und einfach nur mal zugehört habe. Ich habe plötzlich so viel über diese ganzen Charaktere erfahren. Mir ist wirklich einiges entgangen, weil ich im ersten halben Durchlauf einfach nur von Mission zu Mission hetzte. Es wird sehr viel Geschichte erzählt, nur vielleicht anders, als wir es bisher gewöhnt sind. Hier muss man nun mal einfach stehen und geduldig bleiben, um die Facetten der Charaktere abseits von Hauptmissionen richtig kennen zu lernen. Und auf einmal waren mir die Figuren nicht mehr egal, sondern ich habe im weiteren Storyverlauf viel mehr mit ihnen mitgefiebert.
Es schreiben einige tatsächlich, diese Open World sei zu leer. Sorry, aber das ist kompletter Unsinn. Es gibt so unglaublich viel zu entdecken, nur wird es hier nicht mit blinkenden Fragezeichen auf der Map angezeigt, sondern man muss eben selbst erkunden und entdecken. Auch hier; ich finde es recht mutig von Rockstar, so viel Content in diese offene Welt einzubauen, der wahrscheinlich von vielen Spielern gar nicht erst gesehen wird. Es werden viele kleine Geschichten abseits der Hauptstory erzählt, wenn man aufmerksam erkundet. Ich finde es super, wenn man ein wenig investieren muss, um Geschichte zu erfahren. Sowohl von den Charaktere als auch von der Welt selbst.
Das Design der Welt ist meiner Meinung nach über jeden Zweifel erhaben. Ich gebe zu, diese fantastische Optik und der unheimlich gut komponierte Klangteppich aus Geräuschen und Musik haben unter anderem sehr viel dazu beigetragen, dass mich diese Langsamkeit bald gar nicht mehr gestört hat. Im Gegenteil. Irgendwann wurde sie für mich zu einem Pluspunkt. Dann wurde aus dem "träge" ein "entschleunigt". Selten hat ein Spiel in mir mehr Entspannung ausgelöst, wenn man mit dem Pferd z.B. langsam bei leichtem Schneefall durch die verschneiten Regionen stapft, etwas weiter entfernt ein paar Wapiti zu hören sind und Kulisse und der übrige Klangteppich ein wunderbares Ganzes ergeben. Unheimlich starke Atmosphäre. Und nein, in dieser Szene ist sonst nichts groß passiert. Nur ich bei Eiseskälte auf meinem Gaul auf der Suche nach einem weißen Bison in den Bergen.
Apropos Jagd; Finde ich toll. Manche schreiben, sie halten nichts von dieser "realistischen" Jagd. Habe vor kurzem Assassins Creed Odyssey gespielt und im schnellen Galopp nebenbei gefühlt zwanzig Hirsche geklatscht. Wow... langweiliger geht's kaum, oder? Dann doch lieber die ausgeklügeltere Variante in RDR2. Ich finde es toll, dass man sich (wie bei so vielen Aspekten des Spiels) in Geduld üben muss, um ein Tier aufzuspüren und es mit einem sauberen Schuss zu erlegen. Habt ihr schon mal einen Panther gejagt? Ich habe beim Jagen von Tieren in Videospielen selten so eine Anspannung erlebt, wenn man sich im Dickicht vorsichtig voran schleicht, die Kamera ständig dreht um nicht als erstes "erlegt" zu werden. Und plötzlich werde ich in Sekundenbruchteilen von dem Vieh angefallen und getötet, viel zu spät reagiert. Klasse! Ich finde den Kniff mit den perfekten Fellen ziemlich gelungen. Das verhindert nun mal, dass ich einfach in dieses unübersichtliche Unterholz reinspaziere und mit der Schrotflinte besagten Panter ohne Weiteres abknalle.
Das waren jetzt ein paar kleine Beispiele, die in mir nach und nach Faszination auslösten und mich Stunde um Stunde vor die Konsole fesselten. Ja, ich kann verstehen, dass vielen das Gameplay nicht zusagt. Das Gameplay ist auch bestimmt nicht das "innovative Spieldesign", von dem die Rede ist. Kann mir auch nicht vorstellen, dass 4Players das Gameplay damit meint. Aber Witcher 3 hat bestimmt auch viele (einschließlich mich) durch seine hervorragende Story und tolle Spielwelt gefesselt, aber ganz sicher nicht mit dem Gameplay. Das ist kein Stück besser als bei Read Dead 2. Nur schneller vielleicht ;D Und bestimmt gibt es hier auch einige, die Witcher 3 fantastisch finden, aber sich gleichzeitig in Sachen Gameplay über RDR2 auskotzen. Wenn einem diese Langsamkeit nicht zusagt, verstehe ich das vollkommen. Es ist nun mal etwas sehr ungewöhnliches in der aktuellen Videospielära. Lustigerweise war es für mich nach Red Dead ein Krampf, Assassins Creed Odyssey zu spielen, weil plötzlich alles viel zu schnell ging ;P
Wenn man gutes Gameplay möchte, spielt man doch Super Mario Odyssey oder Breath of The Wild. Nur da hat man eben beschissene bzw. nicht vorhandene Story.
Manchmal werden eben andere Schwerpunkte gesetzt und trotzdem können dabei unterhaltsame Spiele entstehen. Für manche muss ein Spiel aber wohl gutes Gameplay besitzen, um als gut gelten zu können. Aber wird haben 2018. Da kommt auch mal ein Detroit; Become Human und reißt einen vielleicht extrem mit, obwohl Gameplay quasi nicht vorhanden ist.
Ist natürlich alles nur meine Meinung. Mich jedenfalls hat Read Dead Redemption 2 nach der richtigen Herangehensweise absolut gefesselt und ich sehe kein Problem darin, es als Spiel des Jahres anzusehen. Hätte aber genause wenig ein Problem damit gehabt, God auf War auf dem Thron zu sehen.