@Jörg: Leider sehr viele Aspekte, die du an meinen Beiträgen missverstanden hast, bzw. falsch wiedergegeben hast. Darum folgende Klarstellung:
"Ich habe NICHT behaupten wollen, die 94% Platin, kamen AUSSCHLIESSLICH durch das historische Setting."
"Ich habe deinen Test selbstverständlich gelesen und auch die Videos, in denen du über RDR2 sprichst."
"Ich habe Kingdom Come: Deliverance nur als Beispiel genannt, im Bezug auf qualitativ gute Spiele in 2018(wenn man mal vom Bug-Zustand bei KC:D absieht) die bei euch wenig Beachtung gefunden haben. Davon, dass es besser sei als RDR2 habe ich hingegen nichts geschrieben."
"Niemand hat behauptet, dass Spiele nicht mehr als solche beworben werden dürfen. Das war lediglich eine Frage bzw. ein Vorschlag, bzw. eine kritisches Hinterfragen nach dem Sinn, interaktive Filme als Spiele zu bewerben. Großer Unterschied!"
Zum Rest:
Ich habe nicht gesagt, dass man in "Filmspiele" und "andere Varianten" unterscheiden soll. Das ist genau der Punkt. Nicht in FilmSPIELE sondern in filmischen Multimediaprodukten. Wie man das nennt, ist mir recht egal, nur sollte man mMn diese von der Einordnung als "Spiel" trennen. Den Grund dafür hatte ich ja schon erläutert: David Cage gibt sich z.B. jede Mühe, sein Spiel nicht als Spiel, sondern als Film zu bewerben. Dennoch wird es als Spiel vermarktet. Siehst du darin keinen Widerspruch?
Ich kann dir ein anderes Beispiel nennen. Ich arbeite momentan zusammen mit anderen Entwicklern an einem OpenSource-Projekt, namens
Storytron". Evtl. kennst du ja Chris Crawford, der ja früher ein bekannter Spieledesigner bei Atari war und auch einer der Gründer der GDC ist. Dieser hat sich in den letzten 30 Jahren von der Spielebranche zurückgezogen und hat an einer Software gearbeitet, die interaktive Stories simulieren kann. Damit lassen sich dann u.A. Charaktere realisieren, die nicht aufgrund vorgegebener Dialogbäume agieren sondern in der Lage sind, interaktiv auf Situationen zu interagieren. Salopp gesagt, storyorientierte KIs, auch wenn das nicht ganz passt. Aber evtl. ist es so einfacher zu verstehen. Neulich hatte ich mit Chris eine längere Diskussion, weil ich die These vertreten habe, dass die interaktiven Storyworlds(quasi das Ergebnis, dass am Ende das ausführbare "Spiel" darstellt) nicht als "eigenständige Softwareprodukte" bzw. als "eigenständige Unterhaltungssoftware" angesehen werden, sondern als "Spiele". Konsumenten kennen eben nur "Spiele" und können sich daher nicht vorstellen, dass es auch andere Arten von Unterhaltungssoftware gibt, die nicht den gängingen Konventionen der Videospiel-Branche folgen. Dagegen hat sich Chris mit Händen und Füßen gewehrt und verneint, dass das so ist und das man unbedingt "interactive storyworld" von Videospielen separieren muss und klarmachen muss, dass es sich um ganz andere Arten von Produkten handelt. Natürlich sieht man hier im Forum den Gegenbeweis: Spieler können sich ganz offensichtlich keine anderen Arten von "interaktiver Unterhaltungssoftware" vorstellen, letzendlich wird alles immer auf "Spiel" runtergebrochen und letzendlich auch an Spielen bemessen, bzw. an dem aktuellen State-of-the-Art. Die Storyworld, die mit der aktuellen Storytron-Software realisierbar sind, sind gerade was grafische Aspekte angeht, äußerst primitiv und würde darum auch bei Gamern durchfallen, da es den meisten nicht um tiefgründige Interaktion geht, sondern um grafisch ansprechende Representationen. Tja auch da habe ichs nicht wirklich geschafft, diese Tatsache überzeugend rüberzubringen. Schade, dass Chris kein Deutsch kann, sonst hätte ich ihm als Argument einfach mal diesen Tread verlinkt
Also nochmal: Es geht nicht darum, das in "Subgeneres" aufzuteilen, sondern nicht alle multimedialen Unterhaltungsprodukte unter "Spiel" zusammenzufassen. Warum, wieso, weshalb habe ich schon ausführlich erleutert und will ich auch ungern wiederholen. Das heißt, anstelle Produkte von quantic dreams als "Spiele" zu bewerben, könnte man sie als "Interactive Movies" bewerben und nutzt entsprechende Kanäle. Visual Novels werden dann ebensowenig als "Spiele" beworben sondern als digitale oder interaktive Literatur. Ich sehe da kein Problem, sondern Transparenz für den Konsumenten. Niemand wird einen interaktiven Film wegen Gameplay-Armut kritisieren, ebenso wenig wie jemand ein Visual Novel wegen zuviel Text kritiseren wird. "Spiel" ist einfach ungenau und weckt falsche Erwartungen. Würde man hingegen klarer kommunizieren, welche Art Unterhaltungsprodukt vorliegt, würden sich viele Missverständnis im Vorfeld klären und Konsumenten könnten leichter genau die Unterhaltungsprodukte finden, die sie wirklich haben wollen.
Das Thema "Interaktivität" ist hingegen noch ein anderes Problem. Ich kann da Chris Crawfords Bücher über "Game Design" und "Interactive Design" empfehlen, in denen er erläutert, dass der Grad der Interaktivität entscheidend ist und nur weil ich irgendwo eine Taste drücke, etwas zwar formell "interaktiv" ist, es aber noch lange nicht wirklich das digitale Medium ausschöpft. Darum ist auch David Cage mit seinem "interactive drama" extrem irreführend. Was sein Studio macht, ist kein "interactive drama". Es wäre ein "interactive drama", wenn das Drama durch die Spielerentscheidungen beeinflusst werden würden. Er macht aus einer linearen Geschichte, ein "interactive drama", weil man ab und zu Reaktionstest und Tastendrücke abfragt. Das ist alles mögliche, aber sicher kein "interaktives Drama". Heavy Rain hatte da noch wirklich einen halbwegs zukunftsweisenden Ansatz, aber alles was danach kam, was eben nur noch Film mit ein bisschen Tastengedrücke. Somit ist "interaktiv" sicher das verbindene Element, aber es stellt sich die Frage, wie interaktiv ein Spiel wirklich ist. Oberflächliche Reaktionstests ist eben nicht auf die selbe Weise interaktiv, wie komplexe, ineinanderverzahnte Gameplay-Elemente oder umfangreiche Simulationen der Spielwelt, wie es z.B. bei der X-Serie der Fall ist. Der Grad der Interaktivität ist entscheidend, nicht die bloße Tatsache, dass man in irgendeiner Form Tasten drückt.
Ich verstehe auch deine Aussage wegen der überflüssigen Entwicklung in RDR2 nicht
Als P&P-Rollenspieler sind diese Dinge nicht überflüssig, maximal vllt. wenig beachtet. In Shadowrun kann man z.B. überflüssige bis absurde Hobbies angeben, die der Charakter verfolgt, den man verkörpern will. Das heißt aber nicht, dass diese Aspekte niemals zu tragen kommen. In einem Videospiel ist das eine "entweder-oder"-Entscheidung: Entweder etwas hat Einfluss auf die Spielwelt oder eben nicht. Der Entwickler muss solche Verzahnung bzw. Reaktion explizit implementieren. Tut er dies nicht, passiert schlicht und ergreifend gar nichts. In Videospielen gibt es keinen Spielleiter, der dein Interesse für absurde Hobbies spontan aufgreifen kann. Entweder diese Elemente sind mit dem Gameplay sinnvoll verzahnt oder nicht. Wie mir das also als P&P-Rollenspieler das jetzt helfen soll, versteh ich leider nicht
Und um das nochmal zu sagen: Mein Spiel des Jahres ist nicht Kindom Come: Deliverance, sondern Subnautica. Wie ich bereits sagte, weil es als eines der ganz, ganz wenigen Spiele schafft Bauen, Erkundung und Story so clever zu verzahnen, dass diese Spielelemente eine beeindruckende Syngerie erzeugen. Vor allem Rockstar-Games schaffen diese Verzahnung nicht. Man verfolgt ENTWEDER die Hauptstory ODER fährt/reiter herum und macht Nebenquest. Sich organische anfühlende Verzahnungen zwischen beiden gibt es nur sehr selten oder generell überhaupt nicht. Relevante Haupt-NPCs tauchen erst auf, wenn ich mich bewusst entscheide, die nächste Hauptstory zu machen. Ich kann z.B. in GTAIV nicht einfach auf eigene Faust nach Dimitri suchen, sondern muss warten, bis dieser nach Drehbuch an der Reihe ist. Deswegen musste mich schon immer in GTA und auch in Red Dead Redemption bewusst dazu bewegen, dass ich "jetzt mal die Story weitermache". Das selbe bei Skyrim und Co: Ich mache entweder die Hauptstory oder erkunde, mache Nebenquest etc. Die Hauptstory ist so wenig präsent und hat so wenig mit den ganzen Nebenaufgaben zu tun, dass beides immer extrem isoliert voneinander ist. Subnautica hat als eines der wenigen Spiele das geschafft, was 90% aller Open-World-Spiele nicht schaffen: Den Spagat zwischen offener Welt und Erzählung. Bei 4P ist Subnautica ja ganz gut angekommen, wenn auch nicht übermäßig. Darum war mir auch klar, dass Subnautica nicht im Gespräch der Redaktionswahl sein würde. Stört mich auch nicht weiter, das macht das Spiel ja nicht weniger großartig.
Noch ein kleiner Disclaimer zum Abschluss: Wir diskutieren hier über Videospiele. Darum ganz wichtiger Hinweis: Ich sitze ruhig und interessiert aber leidenschaftlich vor meinem Rechner und freu mich hier mit dir und allen anderen diskutieren zu können.
Wenn mein Ton also etwas rauer wirkt, liegt das evtl. einfach nur am Text, bzw. an dem Thema, über das ich leidenschaftlich diskutiere. Also bitte nicht falsch verstehen. Ich will niemanden persönlich beleidigen oder agressiv auftreten oder sowas. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber ich sags lieber nochmal konkret, damit alle Bescheid wissen
Möchte nicht, dass das hier in Agressivität oder so abgleitet, das wäre Schade drum.
MfG Ska
P.S: Und Leute...hört bitte endlich mal mit dem Wall-of-Text-Geheule auf. Wenn ich keine Lust habe, lange Beiträge zu lesen, dann scrolle ich einfach weiter und gut ist. Oder fragt konkret nach einzelnen Aspekten, damit ihr nicht den ganzen Text lesen müsst. Ich antworte gerne.