Nekropolis hat geschrieben: ↑20.06.2020 22:32
Ich teile zwar deine Auffassung insofern, dass es realitätsfern sei, alle handelnden Menschen in einem derartigen Szenario grundsätzlich als böse einzustufen. Allerdings macht es genauso wenig Sinn, dieses engere Zusammenstehen auf die komplette Spezies zu projizieren und davon auszugehen, dass fortan nur noch mit Luft und Liebe gehandelt würde. Ergo: So abwegig sind diese Darstellungen auch nicht. Vielleicht überspitzt, aber dass die Welt dann lediglich aus Heiterkeit oder albernen Nachbarschafts-Auseinandersetzungen von Hecke zu Hecke soll, wird ja auch dadurch widerlegt, dass "die Menschheit" von einem Krieg nicht genug hatte, sondern immer wieder, aus verschiedensten Gründen, erneut auf's Schlachtfeld zog. Das soll wiederum nicht heißen, dass Spiele, die eine solche Erzählweise und Welt anbieten, akkurat realistisch wären, aber ganz so abwegig, wie du es darstellen möchtest, sind diese Fiktionen - meiner Meinung nach - auch nicht. Zumal man diese Szenarien mit all ihren Auswirkungen auch nicht immer zwingend mit historischen Ereignissen vergleichen kann.
In "The Last Of Us 2" sind ja auch nicht alle Menschen böse. Am Anfang steht ein friedliches Städtchen, später dann erstmal ein relativ klares Feindbild, aber selbst das soll im Verlaufe des Spiels immer weiter verschwimmen. Und abgesehen davon: Grundsätzlich erscheinen mir "militante Gruppierungen" oder "religiöse Fanatiker" gemessen am Status Quo auch nicht komplett aus der Fantasie entliehen. Zumindest wüsste ich nicht, warum diese sich einfach in Luft auflösen sollten, wenn irgendeine Seuche ausbricht, die den halben Planeten oder gar mehr dahinrafft.
Danilot hat geschrieben: ↑21.06.2020 06:10
Ich bin kein Psychologe und habe entsprechende Studien nicht gelesen, deswegen kommt hier mein laienhaftes ABER:
25 Jahre nach dem Zerfall hatten die Gruppen zudem ausreichend Zeit, unterschiedliche Strukturen und weltanschauliche Glaubenseinstellungen aufzubauen. Daher konkurrieren einige Gruppen auch durch ihre Ideologien.
Wie auch immer: Das soziale Gruppen einander verfeindet sein können ist nicht neu. Es würde mich wundern, wenn nach so einer Apokalypse alle menschlichen Gemeinschaften in Frieden miteinander lebten.
Was ich noch einwerfen würde. Geht ja nicht nur um die beiden Extreme. Das es immer mordende, komplett neben sich stehende Idioten geben wird steht ja außer Frage. Wobei man da auch in der heutigen Welt nicht vergessen darf, wie viel davon religiös oder politisch instrumentalisiert ist. Wie eine Zivilisation nach einer Post-Apocalypse wirklich aussähe lässt daher viel Schattierungen zu. Auch werden solche Extreme ja in den Medien (und Spiele sind im Grunde nichts anderes) zugunsten von Gameplay sehr gerne künstlich überzeichnet, weil es irgendwo auch eine Legitimation für ein Stundenlanges prügeln oder schießen benötigt. Verfeindete Gruppen sind auch nochmal eine ganz andere Baustelle als wenn Du als Protagonist mehr oder minder zu 99% unbekannte Gesichter abknallst, die einfach gerade der falschen Gruppierung angehören.
Die friedliche Welt sieht man meist zu Beginn solcher Spiele. Dann passiert irgendwas ganz schlimmes, meist verbunden mit dem Tod eines Angehörigen / Freund / Partners, und das ganze nimmt Fahrt auf. Wohlgemerkt habe ich TLoU2 bisher nicht gespielt (und möchte auch nicht gespoilert werden!), würde aber wetten das es zwangsläufig irgendwann auf so einen erwartbaren Plot hinausläuft, der dann eben komplette Fiktion ist und auch keinen natürlich, menschlichen Strickmustern mehr folgt. Weil anders funktioniert das bewährte Prinzip in Spielen meist nicht. Außer die Entwickler stecken richtig viel Geld und Aufwand hinein, so das man permanent das gleiche tut. Töte oder werde getötet. Schiebe zwischendurch eine Kiste. Klettere. Erkunde. Aber die meiste Zeit: Töte. Mich würde so ein Szenario einfach mal aus einer anderen Sicht interessieren, als die typische Killcounter-Party.
Andererseits ist es aber völlig okay. Es sind schließlich Spiele! Wohlgemerkt wollen Spiele selten realistisch (authentisch) oder intelligent sein, sondern dienen, gerade wenn Schwerpunkt so offensichtlich auf filmischer Präsentation liegt, in erster Linie der Unterhaltung. Ein Unterhaltungsmedium aber keine Simulation der Realität. Daher so große Betonung das es sich nun mal um reine Fiktion handelt. Leider sind Medien heute schnelllebig und sehr auf das negative dieser Welt fokussiert. Serien, Filme und auch Videospiele bilden da keine Ausnahme. Gewalt und Sex verkauft sich gut. Schlagworte, Übertreibung - Superlative. Erschreckend finde ich das erst, wenn wie gestern Abend jemand wirklich meint, wie glaubwürdig das ganze inhaltlich sei. Jüngst Corona hat ja auch gezeigt. Im Moment größter Gefahr stehen die Menschen geeint und zusammen. Erst wenn die Gefahr zunehmend schwindet, oder Maßnahmen an Akzeptanz verlieren, entfalten Menschen wieder ihr volles Gewaltpotential. Wenn plötzlich Zweifel an der Legitimation von Einschränkungen kommen. Aber auch dies ist in Ordnung. Andernfalls hätten Despoten leichtes Spiel mit uns. Trotzdem möchte ich es abschließend nochmal betonen. Weder Filme, Serien, Spiele noch der Newsticker irgendwo, liefern wirklich ein aussagekräftiges Bild über den Zustand der Menschheit. klassische Liebesgeschichten zeichnen kein realistisches Bild von sich liebenden Menschen. Fiktive Publikationen werden vornehmlich im Hinblick auf Auflage, Klicks oder Verkaufszahlen fokussiert. Das man dabei Stereotypen und Klischees bedient, ist leider bis heute so. Ich denke mal die meisten von uns werden ohne Probleme zwischen Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden können. Eine Augenbraue geht mir halt immer dann hoch, wenn jemand das "Grim Dark" als Spiegelbild unserer Realität betrachtet.