Spielerisch hat es sich gegenüber dem Vorgänger super weiterentwickelt. Schleichen, Schießen, Erkunden und die neuen Möglichkeiten der Waffenanpassung. Alles wurde verbessert und hat bei mir zu einem angenehmeren Spielfluß geführt.
Das man nun nicht nur aus Ellies Perspektive gespielt hat, sondern die Hälfte des Spiels als ihre Gegnerin spielt, hat auch bei mir zu vielen emotionalen Konflikten geführt. Im Endeffekt war ich sogar auf Abbys Seite, da sie mir wie eine vernünftigere Person vorkam. Ellie wurde zum Ende hin immer mehr zur wahnsinnigen Mörderin. Ich wollte das Finale garnicht mehr mit ihr spielen und war froh, daß ich wenigstens in diesem Spiel den Endboss nicht mehr töten musste.
Die Konflikte der Spielfiguren waren bewegend, intensiv, haben mich immer wieder mitgerissen und ich habe mir am nächsten Tag oft die Frage gestellt, was ich in ihrer Situation getan hätte.
Trotzdem war es nicht die Achterbahnfahrt, die ich mir versprochen hatte. Eher ein Ausflug im Vergnügungspark. Diese bestimmten Momente in der Geschichte fühlten sich zwar tatsächlich an, als säße man gerade in der Achterbahn. Dafür muss man aber auch jedesmal sehr lange in einer Schlange anstehen. Und genauso haben die Passagen zwischen den Kinofilmsequenzen sich angefühlt.
Dabei fand ich die Abschnitte, in denen man Munition suchen muss noch nicht einmal so schlimm. Es ist viel eher die übertriebene Action und das ganze Morden und Schießen, was mich jedesmal aus der Geschichte herausriss. Ellie und Abby spielen sich wie Terminatoren, die innerhalb von ein paar Minuten ganze Armeen im Alleingang auslöschen können. Das hat mich selbst schon im Vorgänger bei Joel gestört. Die Hauptfiguren dieser Spiele sind in der Lage hunderte von Feinden auszulöschen, überleben das Ganze dann auch noch unbeschadet.
Ja, ich weiß es ist ein Videospiel. Dennoch passen diese ganzen Ballerszenen nicht zu dem Realismus, der durch die Filmsequenzen geschaffen wird. Es gibt Spiele, die einen nicht durch das Spiel selber jedesmal aus der Atmossphäre schleudern. Die Kämpfe gegen die Zombies finde ich soweit eigentlich noch in Ordnung. Aber das man soviele Menschen tötet passt einfach nicht. Schwer bewaffnete Menschen wohlgemerkt. Mit militärischer Ausbildung.
Dabei geben sich die Entwickler extra Mühe und versuchen jedem Feind, selbst den Zombies, etwas individuelles zu geben. Jeder Gegner scheint eine eigene Persönlichkeit zu haben. Gerade wenn man in den Nahkampf geht und das schmerzverzerrte Gesicht seines Gegenübers sieht, empfindet man plötzlich Abscheu für sein eigenes Handeln. Es wäre aber schöner gewesen, wenn das KI-Verhalten ebenfalls dazu beigetragen hätte. Wenn es nicht um Animationen geht zeigen die Gegner nämlich viel zu wenig Überlebenswillen. Trotz permanenter Todesgefahr gingen sie nicht vorsichtig gegen mich vor. Wenn sie um die Ecke schlichen, hinter der ich mich versteckte, schauten sie oft genug dankbarer Weise in die andere Richtung. Wenn ich auf sie zustürmte, waren ihre Reaktionen lächerlich langsam. Bei Schusswechseln sprangen sie gerne aus ihrer Deckung und liefen schnurstracks auf meinen Gewehrlauf zu. So verhalten sich keine Menschen, die sich in einer Situation um Leben und Tod befinden. Das war immer völlig absurd.
Dem Spiel hätte eine Reduzierung der menschlichen Gegnerzahl viel besser zu Gesicht gestanden. Weniger Gegner, dafür aber mit einer realistischeren und herausfordernden KI ausgestattet.
Die Geschichte fand ich leider auch etwas schwach und rückblickend zum ersten Teil wurde da meiner Meinung nach einiges falsch erzählt. Vor allem die Krankenhausszene kann ich irgendwie nicht mehr nachvollziehen. Wenn die Fireflies doch solche Gewissensbisse hatten Ellie umzubringen, wieso haben sie sie nicht einfach gefragt, ob sie mit der Operation einverstanden ist? War sie denn die ganze Zeit bewusstlos? Sogar während der Untersuchung? Man hätte sie durchaus aufwecken können und um ihr Einverständnis bitten können. Wenn sie "Nein" gesagt hätte, hätte man danach immer noch genug Spielraum gehabt um große, dramatische Szenen zu schaffen und moralisch fragwürdige Entscheidungen zu treffen. Aber nicht einmal Joel kommt auf die Idee Ellie selber zu fragen. Das ist für mich eine große erzählerische Lücke, die mir vieles an der Geschichte verdirbt.
Überhaupt ist die Rahmenhandlung, wie auch schon im ersten Teil, doch ziemlich knapp ausgefallen. Man erlebt die Rachegeschichte zweier Frauen, die sich gegenseitig umbringen wollen und auf dem Weg dahin alles niedermetzeln, was sich ihnen entgegen stellt. Das ist mir zu flach. Ich hätte mir gewünscht, daß man Ellies Immunität etwas mehr in den Fokus rückt. Aber das scheint irgendwie keinen mehr zu interessieren. Jeder im Spiel scheint völlig das Interesse daran verloren zu haben noch ein Heilmittel zu finden. Dabei wissen die ehemaligen Fireflies von Ellies Existenz und ihrer Immunität. Dazu sind sie einer Organisation beigetreten, die über Infrastruktur und medizinisches Personal verfügt. Hat Joel wirklich den einzigen Arzt auf der Welt erschossen, der ein Heilmittel entwickeln konnte? Ist mit ihm etwa das ganze medizinische Wissen von der Welt verschwunden? Das klingt alles nicht wirklich glaubwürdig.
Am schlimmsten finde ich das bei Ellie. Sie will anscheinend auch nicht mehr die Menschheit retten. Sie sucht keine Ärzte, sondern nur noch Rache. Sie ist zwar zwei Jahre lang superwütend auf Joel, aber auch nur weil er ihr ihre Entscheidungsfreiheit genommen hat, und nicht weil er auch noch den Chirurgen und soviele Fireflies getötet hat, daß diese sich auflösen mussten und nur wegen seiner Taten keine Chance mehr auf ein Heilmittel sahen. Ein Egoismus und Mangel an Reflektion der mich bei beiden Hauptfiguren gestört hat.
Ich hätte zudem angenommen, daß wenigstens diese Scars-Sekte eventuell jemanden gefunden haben, die ebenfalls immun ist. Ihre Heilandsfigur wurde jedenfalls so propagiert hatte ich den Eindruck, aber das Spiel geht leider nicht genauer darauf ein. Letztendlich dient die Sekte nur als Kulisse für weitere Actionszenen und ein großes Gemetzel. Vielleicht habe ich auch einfach ein paar wichtige Zettel übersehen. Vielleicht kommt das auch alles erst im nächsten Teil.
Da wäre dennoch mehr drin gewesen. Genauso bei dieser Fraktion ganz am Ende. Wer waren diese Leute eigentlich, die Abby gefangen nahmen? Ich habe den Namen schon wieder vergessen.
Politisch fand ich die Geschichte eigentlich nicht. Die Sekte war für mich schon eher antichristlich, verglichen mit den normalen Leuten. Das Ellie auf Frauen steht war eigentlich schon in Teil 1 klar geworden. Die Amerikaner müssen momentan anscheinend aus jeder Mücke eine politische Kontroverse machen. Ich wünschte das könnte man einfach mal ignorieren.
Ich denke zwar auch, daß die Beziehung zwischen Ellie und Dina aufgesetzt wirkte, aber ich verbuche vieles davon als Fanservice. NaughtyDog überblenden erzählerische Schwachpunkte gerne mit hübschen Bildern.
Insgesamt hat mich das Spiel zwar gut unterhalten und stellenweise wirklich bewegt, aber dennoch bin ich etwas enttäuscht. Ich war wohl zu sehr gehypt und das Spiel konnte meine immens hohen Erwartungen dann einfach nicht erfüllen. Ich freue mich trotzdem auf eine Fortsetzung! Dann wohl am Ende der PS5.