Usul hat geschrieben: ↑18.01.2021 15:29
belaturr hat geschrieben: ↑18.01.2021 15:21Z.B. The Guardian schreibt das Spiel sei voll von Frauenhass und Fremdenfeindlichkeit. 6/10
Einfach nicht auf die übergriffigen Hexenverbrenner eingehen und sich nicht zersetzen lassen von externen Kräften beim nächsten Spiel.
Was soll das denn jetzt heißen? Ist man ein übergriffiger Hexenverbrenner, wenn z.B. die ganzen Neon-Werbungen, die man in der Spielewelt sieht, als sexistisch betrachtet?
Aber da sollte doch der Gedankengang nicht aufhören, oder? Warum sollten fiktive Werke von Sexismus freigehalten werden? Eventuell soll ja damit etwas ausgedrückt werden.
Überspitzt gesagt wäre nach einer solchen Logik "12 Years a Slave" auch ein zu verurteilender Film, denn es kommt ja Rassismus vor.
In meinen Augen ist Cyberpunk eine Dystopie. Wenn Teil der Dystopie Sexismus und auf der Herkunft von Menschen basierende Stereotype sind, dann wird für mich damit nicht ausgedrückt, dass diese Sachen toll sind.
Aber auch ohne Dystopie bedeutet das Vorhandensein von Sexismus, Rassismus, you name it in einem fiktiven Werk noch lange nicht, dass dieses Werk diese Sachen gut heißt. Diese Differenzierung geht vielen Leuten, die sich gerne auf ein bestimmtes Thema stürzen, immer mehr ab, weil da eh nur das eigene Schlagwort im Hinterkopf ist und der Kontext irgendwie egal wird.
Selbst bei dem letzten Deutschen Buchpreis sah man sich (ich weiß jetzt nicht mehr, welcher Redner oder welche Rednerin das war) dazu genötigt, dieses Thema aufzugreifen und sich bzgl. Cancel Culture vor die Autoren und deren Werke zu stellen.
Das bedeutet natürlich auch nicht, dass fiktive Werke nicht auch rassistisch, sexistisch wie auch immer geprägt sein können bzw. diese Sachen vlt. sogar ungewollt beinhalten und dann soll man auch gerne kritisieren. Einer meiner Lieblingsautoren, Charles Dickens, hat in "Oliver Twist" mit Fagin eine Figur geschaffen, die im Prinzip alle Vorurteile gegen Juden in sich vereint, bis hin zur optischen Darstellung. Das hatte der Comiczeichner Will Eisner, der prinzipiell auch Dickens sehr schätzt, zum Anlass genommen, in der Graphic Novel "Ich bin Fagin" eben diesem einen etwas differenzierten Hintergrund zu geben und quasi auf einer Metaebene mit Dickens in Dialog zu treten. Das war für mich eine absolut tolle, differenzierte Art, mit dem Thema umzugehen. Sehr kritisch, aber ohne in einen Automatismus zu verfallen, jetzt Dickens direkt zur Unperson zu erklären oder dergleichen.
Genau diese Differenzierung geht den heutigen Debatten immer mehr ab. Kontext tritt immer mehr in den Hintergrund, stattdessen werden sich nur noch Schlagworte um die Ohren gehauen. Und dann stehen sich vermeintlich nur noch "SJWs" (ich mag den Begriff gar nicht, dient nur zur Veranschaulichung) und Rassisten gegenüber, als gäbe es nichts dazwischen.
Speziell hier im Forum ist das auch viel weniger schlimm als auf Twitter, Facebook & Co.. Hier habe ich schon ab und an mal das Gefühl, dass Menschen mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen tatsächlich in einen Dialog treten. Eigentlich weiß ich schon vom Avatar her, welche User eine komplett andere Weltanschauung als ich haben, aber man bleibt halt trotzdem im Dialog.
Unter'm Strich sollte eigentlich jeder (
Nehme mich da selbst nicht aus und meine mit den ganzen Punkten hier erst recht nicht speziell dich, Usul. Eigentlich hatte ich nur eine Rückfrage und bin dann ins allgemeine abgeschweift, also nicht auf ich beziehen) sich selbst darum bemühen, nicht in gewisse Automatismen zu verfallen und allzu leicht von Schlagwörten getriggert zu werden, damit man das ganze dann etwas versachlichen und auch mal ganz unaufgeregt diskutieren kann.